Energiewende in der Diskussion – Bürger und Gemeinderäte informieren sich über die Windkraftnutzung

Waldthurn. Nach der Reaktor-Apokalypse im japanischen Fukushima vor wenigen Monaten hat die Diskussion um die Abkehr vom Atomstrom in Deutschland zum unerwartet schnellem Energiewendebeschluss der Bundesregierung geführt. Vor allem die regenerative Energiegewinnung vor Ort soll's nun richten, Gebietskörperschaften wie Landkreise und Kommunen legen dazu im Sekundentakt mehr oder minder ausgereifte Konzepte vor. Zum Thema "Windenergie", die unbestritten einen überaus "sauberen" Strom zu unseren Steckdosen liefern kann, hat der Regionale Planungsverband Nordoberpfalz den Kommunen als Verbandsmitglieder einen Entwurf zur Teilfortschreibung "Windenergie" des Regionalplans Ende Juli 2011 zur Stellungnahme vorgelegt. Hier wurden unter Berücksichtigung von gesetzlich und gerichtlich normierten Ausschlusskriterien (z. B. Abstandsflächen zur Wohnbebauung, Landschaftsschutzgebiete) Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die Errichtung von Windkraftanlagen in der Planungsregion (nördliche Oberpfalz) benannt.

Der Entwurf des Planungsverbandes sieht Vorrangflächen auch im Gemeindegebiet Waldthurn in der Nähe von Ottenrieth und Woppenrieth vor. In der letzten Sitzung des Marktrates am 28. Juli 2011 sind dazu erste Statements schon abgegeben worden. Die Marktgemeinde, die bis zum 31.12.2011 Zeit zur Stellungnahme zum Entwurf hat, will nun die betroffenen Grundstückseigentümer und Anlieger sowie die Bürger informieren. Die Nähe der vorgesehenen Vorrangflächen zu den nächsten Ortschaften Ottenrieth und Woppenrieth mit 500 Meter wurde im Gremium einhellig kritisiert. "Das Wohnen auf dem Land darf nicht weniger Wert haben als in Siedlungen größerer Orte, zu denen Windenergieanlagen mindestens 800 bis 1.000 Meter Abstand haben müssen" so der aufgebrachte Bürgermeister Josef Beimler in der letzten Sitzung.

Unter der Moderation von Josef Pflaum (Waldthurn) referierten in einer Informationsrunde am 1. August 2011 im bis zum letzten Platz gefüllten Gasthaus Kühnhauser vor allem Befürworter der Windenergie. Grundstücksbesitzer Norbert Gmeiner (Woppenrieth) hielt die im Entwurf des Planungsverbandes ausgewiesene Vorrangfläche im Nordwesten von Waldthurn aufgrund der geringeren Windhöffigkeit und der zu kurzen Abstandsflächen zu den Ortschaften für weniger geeignet als die von ihm und der Interessensgemeinschaft "Lennesriether Öd" favorisierten bewaldeten Fläche zwischen dem Skilanglaufzentrum und Wampenhof an der Gemeindegrenze zu Georgenberg. Allerdings liegt die letztgenannten Fläche um den Rehbühl im Landschaftsschutzgebiet, sie ist demzufolge im Entwurf des Regionalplans als Ausschlussfläche für Windkraftnutzung markiert. Die grundsätzlich mögliche Herausnahme dieser Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet (zuständig dafür: Kreistag Neustadt an der Waldnaab) wurde in der Diskussion als sehr kritisch bewertet. Sollten schon hörbare Überlegungen des Gesetzgebers, Naturschutzflächen nicht grundsätzlich von der Windenergienutzung auszuschließen, umgesetzt werden, wären die benannten Areale im Loipengebiet (und auch Flächen im sich anschließenden Gemeindegebiet Georgenberg) allerdings wieder in der Diskussion. Unabhängig von der energetischen Eignung des Standorts im zusammen hängenden Waldgebiet, genannt wurde der mitunter recht kräftig blasende "Böhmische Wind", verblieben jedoch Auswirkungen von "Monsteranlagen" auf das Landschaftsbild, die von einigen Diskussionsteilnehmern als sehr "erdrückend" empfunden werden würden. Der Landwirt und Unternehmer Reinhold Zeilinger aus Markt Erlbach (Mittelfranken) äußerte sich in seinem Vortrag, der den Betrieb von Bürgerwindkraftanlagen in seiner Heimat zum Inhalt hatte, ebenfalls kritisch zu den seiner Meinung nach viel zu geringen Abstandsflächen der vorgesehenen Vorranggebiete um Ottenrieth und Woppenrieth. Klaus Bergmann, der mit seinem Ingenieurbüro die Stadtwerke Weiden, die schon Kontakt mit den Grundstücksbesitzern in der "Lennesriether Öd" aufgenommen haben, in Sachen Windenergie berät, warb auch für einen besseren Standort.

Am 2. August 2011 unternahmen die Vertreter der Marktgemeinde Waldthurn und der Gemeinde Georgenberg eine gemeinsame Informationsfahrt in den Markt Erlbach im Landkreis Neustadt an der Aisch (siehe Bild rechts), wo in der Umgebung mehrere Windkraftanlagen meist unter direkter Beteiligung der dort ansässigen Bürger betrieben werden. Nach einem kurzen Rundgang auf dem Hof des Direktvermarkters Reinhold Zeilinger begleitete dieser in seiner Eigenschaft als Initiator mehrerer Bürgerwindkraftanlagen die Räte zu einigen Standorten von bereits betriebenen und in Bau befindlichen Windenergieanlagen. Die Teilnehmer der Fahrt konnten sich so einen guten Eindruck von den Begleiterscheinungen (Flächenbedarf, Schlagschatten, Lärm, Wirkung auf die Landschaft) der bis zu 190 Meter hohen Anlagen verschaffen. Beeindruckend waren die von Reinhold Zeilinger und dem Betriebsleiter Marcus Dornauer präsentierten Betriebsdaten der Kraftwerke, die schadstofffrei und zuverlässig beträchtliche Energiemengen erzeugen. Die weithin sichtbaren Anlagen werden offensichtlich von der Bevölkerung gut toleriert (einige Anlieger bestätigten dies mehrmals), wobei deren Akzeptanz durch die direkte Beteiligung an der Finanzierung und am Betrieb der Energieanlagen gesteigert worden war. Jedenfalls hätten sich nach Angaben der Auskunft gebenden Gastgeber keine strukturierten Bürgerinitiativen formiert. Im Falle einer in Betracht kommenden Realisierung von Windkraftanlagen redeten die Macher der Bürgerwindräder aus Markt Erlbach einer aktiven Mitwirkung und Mitgestaltung durch die Bevölkerung vor Ort unter intensiver Beteiligung der betroffenen Kommunen vehement das Wort. Durch die Besichtigungsfahrt konnten bei den Teilnehmern zwar nicht alle Vorbehalte gegen die Nutzung von Windenergie abgebaut werden (vor allem in Bezug auf das Landschaftsbild), die hautnah erlebten wichtigsten immissonsrelevanten Fakten (Schattenwurf, Lärm) dürften aber einer Realisierung von Windkraftanlagen unter Beachtung angemessener Abstandsflächen zur Wohnbebauung nun nicht mehr so vordergründig im Wege stehen.

Wie geht es in Waldthurn in Sachen Windkraftanlagen weiter? Demnächst sollen in einer Zusammenkunft betroffener Anlieger und Grundstücksbesitzer die Auffassung der Kommune, sich mit Vertragsabschlüssen mit fremden Investoren zurückzuhalten, vermittelt werden. Ebenso sind die Bürger über den derzeitigen Verfahrensstand zu informieren und über ihre Meinung zum Entwurf des Planungsverbandes bzw. grundsätzlich zur Windkraft in Waldthurn anzuhören. Spätestens Ende 2011 wird nach kontinuierlichem Gedankenaustausch mit allen Beteiligten eine Stellungnahme zum Entwurf der Teilfortschreibung "Windenergie" des Regionalplans von der Marktgemeinde erarbeitet. Erst dann wird absehbar sein, welchen Beitrag Waldthurn im Rahmen der unausweichlichen und notwendigen Energiewende hinsichtlich der Nutzung von Windenergie leisten kann und will.

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