90 Minuten lang Rechenschaftsbericht - Überfülltes Schützenhaus zur Bürgerversammlung

Waldthurn. In Waldthurn nehmen die Bürger Anteil am Geschehen in der Gemeinde. Das Schützenhaus Waldthurn war zur Bürgerversammlung am 10.11.2009 restlos gefüllt. An den Tischen mussten zusätzliche Stühle heran geschafft werden, um den Ansturm zu bewältigen. Bürgermeister Josef Beimler legte einen beeindruckenden Bericht über die gemeindlichen Arbeiten der letzten 12 Monate vor. Einen breiten Raum nahm dabei die Zukunft der Kinderbetreuungs- und -bildungseinrichtungen ein. Architekt Rudi Meißner erläuterte die Planungen für den Grundschulbereich. In der Diskussion war die Aufarbeitung des Großbrandes in Lennesrieth und die bevorstehende Dorferneuerung in Waldthurn Themen.

Der Bürgermeister kam in seinem ausführlichen Bericht vor den vielen interessierten Bürgern fast ein wenig ins Schwitzen. Er war noch leicht gezeichnet von einem durchgemachten Infekt, der Rathauschef diagnostizierte bei sich eine "kleine Schweinegruppe, und zwar eine Ferkelgrippe". Nach der Begrüßung der zahlreichen Gäste, Markträte, und Mitarbeiter der Marktgemeinde legte er los, multimedial begleitet durch Kämmerer Josef Götz mit ergänzenden Texten und Bildern. Im Markgemeinderat wären die Entscheidungen zu 95 % einstimmig erfolgt, die parteiübergreifende Zusammenarbeit im Gremium bezeichnete der Rathauschef als vorbildlich.

Die Bevölkerungsentwicklung mach ihn sorgen, die nun 2010 Einwohner, 19 weniger als im Vorjahr, würde die demographische Entwicklung ausdrücken, die gerade im ländlichen Raum verstärkt um sich greife. Nach Neubauten bestünde kaum noch Interesse, verstärkt würde aber alte Bausubstanz zur Nutzung gesucht. Die Haushaltslage hätte sich trotz der vielen Investitionen weiter entspannt, der Schuldenstand hätte um 150.000.- € gesenkt werden können, die Pro-Kopf-Verschuldung liege nun bei 883.- Euro (Vorjahr: 929 Euro). Im Bereich der Abwasseranlage Waldthurn seien durch weitere Maßnahmen wie Beseitigung der Fehlanschlüsse in Lennesrieth und Arbeiten am Tropfkörper und im Regenüberlaufsystem substantielle Verbesserungen erzielt worden. Die Ablaufwerte könnte problemlos eingehalten werden. als abschließende Maßnahme der langjährigen Sanierung stehe nun nur noch die Befüllung des Tropfkörpers mit zusätzlichen Lavagestein an. In Albersrieth sei an der Kläranlage die Einhausung des neuen automatischen Rechens abgeschlossen worden. In den sonstigen Ortsteilen sollten - soweit nicht schon erfolgt - bis 2010 die Nachrüstungen an den Kleinkläranlagen umgesetzt werden. die Förderungen dazu würden nämlich im nächsten Jahr auslaufen. Durch Vereinbarungen mit den Landwirten hätte ein weiteres Ansteigen der Nitratwerte im Trinkwasser aus dem gemeindlichen Tiefbrunnen verhindertet werden können.

Ein enormes Pensum habe erneut das Bauhofteam um Hugo Götz und die Verwaltung um Verwaltungsleiter Karl-Heinz Schmidt bewältigen müssen. Die Straßensanierungsarbeiten von Spielberg nach Wampenhof sowie von Ottenrieth und Sandbachhöf (Schätzkosten gesamt 385.000.- €, abgerechnete Kosten nur 218.000.- €) und an der Neuenhammer Straße in Waldthurn sowie viele weitere Einzelmaßnahmen hätte kaum Zeit zum Schnaufen gelassen. In der Verwaltung habe sich nach Ausscheiden des langjährigen Verwaltungsangestellten Helmut Gollwitzer die neue Mitarbeiterin Petra Reil bestens eingearbeitet.

Einen breiten Raum nahm das schon seit Monaten kontrovers diskutierte Konzept der Marktgemeinde zur Zukunft einiger kirchlicher und gemeindlicher Liegenschaften ein. Das Schulhaus sei nach Wegfall der Teilhauptschule und mit dem Geburtenrückgang viel zu groß und verursache rund 100.000.- € Jahreskosten für Heizung, Reinigung, technische Wartung und Aufsicht. Im Konjunkturprogramm II (energetische Maßnahmen) sei man nicht zum Zug gekommen, nun gelte es, ein schlüssiges und zukunftsfähiges Konzept zu entwickeln. Zunächst wäre die Grundschule baulich an den tatsächlichen Bedarf auszurichten. Nicht mehr benötigte Gebäudeteile könnten abgerissen werden, verbleibende Gebäudeteile zur Unterbringung der Grundschule müssten umfassend unter Beachtung energetische und barrieregerechter Vorgaben saniert werden. Nach Abzug von Fördermitteln würde von den erwarteten Gesamtkosten in Höhe von 975.000.- € ein Anteil für die Gemeinde in Höhe von rund 600.000.- € verbleiben. Auf die Turnhalle würde die Gemeinde nicht verzichten, obwohl diese bei der Sanierung nicht gefördert werden könne. Architekt Rudi Meißner (siehe Bild) erläuterte an Hand von Planskizzen die Möglichkeiten zum bedarfsgerechten Rückbau der Grundschule.

Die Zahl der in der KiTa betreuten Kinder geht merklich zurück, auch hier drohen leer stehende Räume. Die Marktgemeinde muss für den Unterhalt des Kindergartens jährlich über 100.000.- € (Personalkosten, Betriebskostendefizit) aufbringen. Bis zum Jahr 2013 werden vom Gesetzgeber Betreuungsangebote für Kinder unter 3 Jahren (Kinderkrippe) in den Kommunen verlangt. Im Zuge der Überlegungen zur bedarfsgerechten Nutzung von Schule und Kindergarten habe der Gemeinderat eine bauliche Zusammenlegung der Kinderbetreuungs- und -bildungseinrichtungen im Bereich des jetzigen Schulgeländes ins Auge gefasst. Der Neubau einer 2-gruppigen Kindertagesstätte mit Kinderkrippe neben der Grundschule würde Investitionen durch die Gemeinde in Höhe von rund 530.000.- € nach Abzug der Fördergelder erforderlich machen. Die Trägerschaft der Kindertagesstätte würde selbstverständlich bei der Katholischen Kirchenstiftung verbleiben. Die Verzahnung von Grundschule und Kindertagesstätte hätte einige Vorteile:

Im Bereich der jetzigen KiTa und des Pfarrheims könnte ein Pfarr- und Gemeindezentrum nach Umbau der KiTa zu einem Verwaltungsgebäude und nach Sanierung des denkmalgeschützen Pfarrheims entstehen, das von den kirchlichen sowie gemeindlichen Gremien und Verbänden sinnvoll genutzt werden könne. Mittel für die Sanierung des Pfarrheims könnten an verschiedenen Stellen in Aussicht gestellt werden. Die Kirche selbst wolle in das geschichtsträchtige Schloss nicht mehr investieren, die Marktgemeinde wäre sich aber der historischen Bedeutung des Gebäudes bewusst und wolle es den nachfolgenden Generationen erhalten. Das jetzige Rathaus könnte mit dem angedachten Konzept abgerissen und auf der freiwerdenden Fläche Parkmöglichkeiten für Friedhof- und Kirchbesucher geschaffen werden. Die Gemeinde sei allerdings bei diesem Konzept auf die Beteiligung der Kirche angewiesen.

Die Dorferneuerungsmaßnahmen in Albersrieth stünden nach den Straßenbaumaßnahmen und der Errichtung eines Gemeinschaftshauses (Dorftreff und Feuerwehrhaus) kurz vor dem Abschluss, das alte Feuerwehrhaus müsse noch abgerissen werden. Der besondere Augenmerk im Bereich der Dorferneuerung gelte nun dem Hauptort Waldthurn nach dem Motto: "Hier bleiben wollen und hier bleiben können". Mit Spannung warte man auf das in Auftrag gegebene Grundkonzept, eine förmliche Anordnung des Verfahrens durch das Amt für Ländliche Entwicklung werden für das Jahr 2010 erwartet.

Die kontrollierte Wertstoffannahme am Bauhof und die Betreuung der Erdaushubdeponie bewähre sich weiterhin gut. Im Bereich des Bocklradweges können Verbesserungen durch EU-Mittel gefördert werden, die Gemeinde hat einige Maßnahmen beantragt (z. B. Anbindung des Hauptortes an den Radweg über die Luhe und Lennesrieth, Herstellung einer Zufahrt zur geplanten Fahrradstation am Kühbachhof, Errichtung eines überdachten Rastplatzes in Albersrieth). Bemängelt wurde vom Bürgermeister die bürokratischen Hemmnisse bei der Abrufung von EU-Miteln, auf tschechischer Seite ginge alles viel schneller. Die Partnerschaft mit der Stadt Hostau sei gefestigt, weitere gemeinsame Aktionen wären durchgeführt worden, lobend erwähnt wurde hier insbesondere der Kindergarten. Zwischenzeitlich werde in der Grundschule auch ein Tschechisch-Unterricht angeboten.

Beim Großbrand in Lennesrieth habe sich gezeigt, dass jeder in den Feuerschutz investierte Cent gut angelegt sei. Dank des Einsatzes der Feuerwehren mit deren guten Ausbildung und Ausstattung habe ein Übergreifen des feuers auf andere Gebäude in der Ortschaft verhindert werden können.

In Ottenrieth, Spielberg und an der Poststraße sei in die Kinderspielplätze investiert worden. Mit etwas Sorge werden die Entwicklung beim Fremdenverkehr gesehen, sinkende Übernachtungszahlen sollten Anlass für ein Überdenken der bisherigen Konzepte auf diesem Gebiet sein.

Durch die Verschleuderung vom Milliarden an Steuergeldern für fragwürdige Rettungs- und Konjunkturmaßnahmen in Zusammenhang mit der globalen Finanzkrise würden zusätzliche Belastungen und Investitionshemmnisse auf die Gemeinden zukommen.

Zum Abschluss dankte der Bürgermeister den Markträten für die gute parteiübergreifende Zusammenarbeit sowie den Mitarbeitern in der Verwaltung, im Bauhof, in der Schule und in der Kindertagesstätte für den engagierten Einsatz. Gelobt wurde auch der enorme ehrenamtliche Einsatz der kirchlichen und weltlichen Verbände und Vereine sowie der Ortsvertreter.

Noch viele andere Maßnahmen wurden in den rund eine Stunde langen Rechenschaftsbericht angesprochen, der mit Bildern multimedial unterlegt war. In der Diskussion wurden unter anderen das weitere Vorgehen zur Dorferneuerung in Waldthurn angesprochen und Fragen zur Versorgung mit Löschwasser beim Großbrand in Lennesrieth beantwortet. Zweiter Bürgermeister Hans-Peter Reil (siehe Bild) bedankte sich bei Josef Beimler für die geleistete Arbeit und für dessen enormes Arbeitspensum.